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Neun Awards, ein kleines Team und eine Lektion: Am Ende gewinnt Qualität

December 12, 2025

Neun Awards, ein kleines Team und eine Lektion: Am Ende gewinnt Qualität

Gestern Nacht hat die Kreativbranche nach Los Angeles geschaut. Bei den Game Awards, der weltweit größten Bühne für digitale Unterhaltung, hat ein Projekt alles in den Schatten gestellt. Kein riesiger Blockbuster, der mit hunderten Millionen Dollar in den Markt gedrückt wurde, sondern die Arbeit eines kleinen Teams aus Montpellier.

Der Name: Clair Obscur: Expedition 33. Das Ergebnis: Neun Auszeichnungen, so viele wie nie ein Spiel zuvor, darunter „Game of the Year“.

Das ist der Stoff, der uns bei reviergold begeistert. Wenn wir sehen, dass 30 Menschen mit einer klaren Vision die Weltmarktführer hinter sich lassen, dann bestätigt das genau die Haltung, mit der wir jeden Morgen an die Arbeit gehen: Echte Vision schlägt reines Kalkül.

Der Mut zur Lücke

Was das Studio Sandfall Interactive geschaffen hat, ist bemerkenswert. Sie haben sich ein Genre geschnappt – das rundenbasierte Rollenspiel –, das viele Analysten längst für „nicht mehr massentauglich“ erklärt hatten. Statt dem Trend hinterherzurennen und den hundertsten Action-Einheitsbrei zu servieren, haben sie auf ihre Wurzeln vertraut und Tradition neu interpretiert.

Das Gameplay ist eine Verbeugung vor den Klassikern, aber angereichert mit einer Reaktivität, die sich frisch und modern anfühlt. Das ist genau der Punkt, der für erfolgreiche Markenführung entscheidend ist: Transformation entsteht nicht, indem man alles Alte abreißt. Sie entsteht, wenn man das Gute bewahrt und es mutig in die Zukunft übersetzt. Clair Obscur beweist, dass vermeintliche Nischen den Mainstream erobern können, wenn die Exekution exzellent ist.

Ästhetik mit Profil

Schauen wir uns die visuelle Wucht dieses Werks an. Wir sehen keine generische Fantasy-Welt, sondern eine düstere, wunderschöne Version der Belle Époque. Das Paris der Jahrhundertwende trifft auf surreale Endzeit-Kunst. Der Name „Clair Obscur“ – das Spiel mit Licht und Schatten – ist hier Programm. Jeder Frame wirkt wie ein Gemälde, jede Szene hat Gewicht.

Das Team nutzte die Unreal Engine 5 nicht, um einfach nur die neueste Technik zu nutzen, sondern um einen unverwechselbaren künstlerischen Stil zu etablieren. Das ist Branding in Reinform. Sie haben eine Identität geschaffen, die so stark ist (man denke an die Matrosen-Shirts und roten Barette der Fans), dass sie sofort im Gedächtnis bleibt. In einer Welt voller austauschbarer Designs und glattgebügelter Corporate Identities ist dieser Mut zu Ecken und Kanten, zu einer explizit französischen Handschrift, eine Wohltat. Es zeigt uns: Wer versucht, jedem zu gefallen, gefällt am Ende niemandem. Wer aber stolz auf seine Herkunft und seinen Stil ist, schafft Kultur.

Fokus schlägt Masse

Ein Aspekt, der uns besonders fasziniert: Wie schaffen 30 Leute das, wofür andere Hunderte brauchen? Die Antwort liegt in der Klarheit. In großen Strukturen werden Ideen oft zerredet, bis sie niemandem mehr wehtun. Ein kleines, eingeschworenes Team funktioniert anders. Da gibt es keine Politik, da gibt es Fokus. Jeder weiß, was zu tun ist.

Das deckt sich mit unserer Arbeitsweise. Wir glauben nicht an aufgeblähte Apparate. Wir glauben an Experten, die an einem Strang ziehen. Clair Obscur ist der Beweis, dass man keine Armee braucht, um Großes zu bewegen. Man braucht die richtigen Köpfe.

Herzblut statt Algorithmus

Das vielleicht Beeindruckendste ist aber die Geschichte. Es geht um Vergänglichkeit. Um die „Paintress“, die jedes Jahr eine Zahl malt und damit alle Menschen dieses Alters auslöscht. Eine Expedition bricht auf, um diesen Kreislauf zu beenden – wohl wissend, dass noch nie jemand zurückkehrte. Das ist keine leichte Kost, das ist Storytelling, das wehtut und berührt.

Und genau hier liegt der Schlüssel zum Erfolg: Das Spiel nimmt sein Publikum ernst. Es gibt nichts Zynisches daran. Man spürt in jeder Zeile Dialog, in jedem Takt des bombastischen Soundtracks von Lorien Testard, dass hier Menschen am Werk waren, die für ihr Projekt brennen. Ben Starr, einer der Sprecher, nannte es eine „unverfälschte Vision“. Diese Authentizität lässt sich nicht faken. Konsumenten – egal ob Gamer oder B2B-Kunden – haben heute ein feines Gespür dafür, ob eine Marke eine Seele hat oder nur ein Produkt verkaufen will. Clair Obscur hat Seele.

Unser Fazit für die Markenwelt

Für uns ist dieser Triumph mehr als nur eine Nachricht aus der Gaming-Welt. Es ist eine Bestätigung unserer eigenen Philosophie. Wir glauben daran, dass Qualität sich am Ende immer durchsetzt.

Clair Obscur lehrt uns, dass wir keine Angst vor großen Emotionen oder komplexen Themen haben müssen. Dass Innovation oft dort passiert, wo man den Mut hat, nicht auf die Marktforschung zu hören, sondern auf den Bauch. Es ermutigt dazu, technologische Innovationen wie KI oder neue Engines nicht als Spielerei zu sehen, sondern als Werkzeuge, um einer Vision noch präziser Ausdruck zu verleihen.

Dieses Indie-Phänomen ist der lebende Beweis dafür, dass man gewinnen kann, wenn man authentisch bleibt und seinen eigenen Weg geht. Es steht exemplarisch für die Kraft von Innovation, Qualität und Authentizität in der digitalen Kreativbranche.

Autor

Christopher Clayton